Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Das Vorstellungsgespräch ist einer der wichtigsten Schritte, wenn es um das Einstellen von neuen Mitarbeitenden geht. Unabhängig davon, ob sie die Person einstellen oder nicht, sie wollen positiv in Erinnerung bleiben. Unangebrachte Fragen können Kandidaten nicht nur verunsichern, sondern auch rechtliche Folgen haben. Aber keine Sorge, damit sie gut vorbereitet sind, haben wir mal alle wichtigen Informationen zusammengetragen.
Eine Frau sitzt im Bewerbungsgespräch. Ihr gegenüber sitzen drei Personen aus dem Unternehmen.

Übersicht

Das Fragerecht des Arbeitgebers im Vorstellungsgespräch

Ziel eines Vorstellungsgesprächs ist es, die Bewerberin oder den Bewerber besser kennenzulernen und herauszufinden, ob die Person fachlich wie menschlich zum Unternehmen passt. Um diese Einschätzung treffen zu können, sind gezielte Fragen natürlich unerlässlich und es ist durchaus erlaubt, an bestimmten Stellen tiefer nachzuhaken. Allerdings gibt es klare rechtliche Grenzen. Nicht jede Frage ist zulässig, auch wenn sie aus Ihrer Sicht vielleicht nachvollziehbar oder relevant erscheint. Wo diese Grenzen verlaufen und welche Themenbereiche tabu sind, erfahren Sie im Folgenden.

Wie sehen die Rechtsgrundlagen zu Fragen im Vorstellungsgespräch aus?

Wenn es um zulässige und unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch geht, ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Ihre wichtigste rechtliche Orientierungshilfe. Es wurde geschaffen, um Diskriminierung im Arbeitsleben und auch schon im Bewerbungsprozess zu verhindern.

§1 AGG: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“

Das AGG schützt Bewerberinnen und Bewerber vor Benachteiligung aufgrund folgender Merkmale:

  • ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität

 

Fragen, die auf eines dieser Merkmale abzielen oder Rückschlüsse darauf zulassen, gelten grundsätzlich als unzulässig und sind ein No-Go beim Vorstellungsgespräch. Werden sie dennoch gestellt, kann das nicht nur das Bewerbungsverfahren belasten, sondern auch juristische Konsequenzen nach sich ziehen.

In welchen Bereichen sind bestimmte Fragen unzulässig?

Im nächsten Schritt werfen wir einen genaueren Blick auf die einzelnen Bereiche, in denen bestimmte Fragen unzulässig sind und geben konkrete Beispiele.

#1 Familienplanung

Bewerber*innen dürfen nicht aufgrund ihrer Familienplanung benachteiligt werden – weder Frauen noch Männer. Das bedeutet: Fragen nach dem Familienstand, nach einer bevorstehenden Heirat, bestehenden Kindern oder dem Kinderwunsch sind nicht erlaubt. Besonders die Frage nach einer Schwangerschaft ist gegenüber Frauen absolut tabu und fällt in den geschützten privaten Bereich.

Beispiele für unzulässige Fragen:

  • Sind Sie verheiratet?
  • Planen Sie Kinder?
  • Sind Sie aktuell schwanger?

Ausnahme: Nach § 4 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dürfen werdende Mütter keine unzumutbaren körperlichen Arbeiten verrichten. Wenn die ausgeschriebene Stelle solche Tätigkeiten beinhaltet, ist eine Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft zulässig.

#2 Gesundheit

Auch gesundheitliche Themen gehören grundsätzlich nicht ins Vorstellungsgespräch. Die Gesundheit von Bewerber*innen ist Privatsache.

Beispiel für eine unzulässige Frage:

  • Haben Sie Vorerkrankungen?

Ausnahme: Wenn es sich um Krankheiten handelt, die andere Mitarbeitende gefährden könnten, beispielsweise bei ansteckenden Erkrankungen oder wenn gesundheitliche Einschränkungen die Ausübung der Tätigkeit direkt beeinflussen, kann die Frage zulässig sein.

#3 Glaube, Weltanschauung und sexuelle Orientierung

Diese Bereiche sind besonders schützenswert. Fragen dazu sind für die berufliche Eignung in der Regel irrelevant und daher unzulässig.

Beispiele für unzulässige Fragen:

  • Welcher Religion gehören Sie an?
  • Wie stehen Sie zur gleichgeschlechtlichen Ehe?

Ausnahme: Wenn die Tätigkeit im kirchlichen Bereich angesiedelt ist, kann die Religionszugehörigkeit in Einzelfällen von Bedeutung sein.

#4 Politische Überzeugung

Politische Einstellungen zählen ebenfalls zum persönlichen Lebensbereich und dürfen im Regelfall nicht thematisiert werden.

Beispiel für eine unzulässige Frage:

  • Welche Partei wählen Sie?

Ausnahme: Bewirbt sich eine Person auf eine Stelle bei einer politischen Partei oder nahestehenden Organisation, kann eine Nachfrage zur politischen Ausrichtung gerechtfertigt sein.

#5 Ethnische Herkunft

Fragen zur Herkunft sind nicht nur unzulässig, sondern gelten als diskriminierend nach dem AGG.

Beispiele für unzulässige Fragen:

  • Woher stammen Sie ursprünglich?
  • Haben Sie einen Migrationshintergrund? 

 

Ausnahme: Sie dürfen Sprachkenntnisse abfragen. Allerdings nur dann, wenn sie für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind.

#6 Vermögensverhältnisse

Die finanzielle Situation von Bewerber*innen geht Sie als Arbeitgeber grundsätzlich nichts an. Fragen nach Schulden oder Vermögen sind unzulässig.

Beispiele für unzulässige Fragen:

  • Haben Sie Schulden?
  • Laufen bei Ihnen Pfändungsverfahren?

 

Ausnahmen:

  • Die Stelle betrifft eine Vertrauensposition im Finanzbereich (z. B. Buchhaltung oder Kassenverantwortung).
  • Ein laufendes Lohnpfändungsverfahren würde Sie als Arbeitgeber unmittelbar betreffen. Zum Beispiel bei der Gehaltsabrechnung.

#7 Vorstrafen

Vorstrafen dürfen nur thematisiert werden, wenn sie für die konkrete Tätigkeit relevant sind und nicht getilgt wurden.

Beispiel für eine zulässige Frage:

  • Bei einer Bewerbung im Sicherheitsdienst kann nach einer Vorstrafe wegen Körperverletzung oder Diebstahl gefragt werden.

Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch: Mögliche Konsequenzen

Wenn Sie im Vorstellungsgespräch Fragen stellen, die in geschützte persönliche Lebensbereiche eingreifen, riskieren Sie ernsthafte arbeitsrechtliche und rechtliche Folgen. Denn unzulässige Fragen sind nicht nur unangebracht, sie können gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Mutterschutzgesetz oder das Datenschutzrecht verstoßen.

Rechtliche Konsequenzen für Arbeitgeber

Da die Folgen gar nicht so ohne sind, haben wir mal die wichtigsten Konsequenzen zusammengestellt, um Ihnen das besser verdeutlichen zu können: 

  1. Entschädigung nach dem AGG
    Sie wollen eine Bewerberin oder einen Bewerber auf Basis diskriminierender Fragen ablehnen? Dann riskieren Sie Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG. Diese können bis zu drei Monatsgehälter betragen, unabhängig davon, ob die Stelle besetzt wurde.
  2. Datenschutzverstöße
    Fragen zu sensiblen Daten wie Gesundheit oder Religion unterliegen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eine unrechtmäßige Erhebung oder Speicherung kann zu Bußgeldern führen.
  3. Imageschaden
    Auch ohne juristische Folgen kann ein Verstoß gegen geltendes Recht negative Konsequenzen für Sie haben: Schlechte Bewertungen oder Social-Media-Kritik schaden Ihrer Arbeitgebermarke nachhaltig.

Reaktionsmöglichkeiten der Bewerber*innen auf unzulässige Fragen

Manchmal passiert es ganz unbewusst: Eine Frage rutscht im Gespräch heraus und greift i in einen geschützten Bereich ein. Vielleicht ist sie gar nicht böse gemeint, doch Bewerber*innen merken schnell, wenn eine Grenze übertreten wurde. Und sie reagieren – sie geben ausweichende Antworten oder antworten gar nicht. Genau solche Reaktionen können für Sie als Arbeitgeber ein wichtiger Hinweis sein: War die Frage vielleicht unangebracht?

Nutzen Sie solche Momente als Chance zur Selbstreflexion. Achten Sie darauf, wie Ihr Gegenüber reagiert und ziehen Sie Ihre Schlüsse für zukünftige Gespräche. Folgende Szenarien sind denkbar:

Bewerber*in lügt

Bei unzulässigen Fragen besteht kein Anspruch auf eine wahrheitsgemäße Antwort. Bewerber*innen haben das Recht, eine sogenannte „Notlüge“ zu nutzen, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen.

Bewerber*in stellt eine Gegenfrage

Manche Bewerber*innen reagieren selbstbewusst mit einer Gegenfrage, etwa: „Inwiefern ist diese Information für die ausgeschriebene Position relevant?“ Das kann deeskalierend wirken und den Fokus wieder auf das Wesentliche lenken.

Bewerber*in spricht es direkt an

Wer selbstsicher genug ist, spricht die Unzulässigkeit der Frage offen an. Dies zeigt Klarheit und Rechtsbewusstsein und ist oft ein Signal dafür, wie ernst Bewerber*innen ihre Rechte nehmen.

Bewerber*in beendet das Gespräch

In besonders unangenehmen oder wiederholten Fällen kann es sein, dass Bewerber*innen das Gespräch abbrechen. Dies ist ein klares Zeichen für mangelndes Vertrauen und ein Verlust für Ihr Unternehmen.

Vorbereitung ist das A und O!

Damit es im Vorstellungsgespräch gar nicht erst zu derart heiklen Situationen kommt, ist eine sorgfältige Vorbereitung entscheidend. Wenn Sie sich vorab mit rechtlichen Rahmenbedingungen und zulässigen Fragestellungen auseinandersetzen, vermeiden Sie nicht nur unangenehme Missverständnisse, sondern schützen sich auch vor rechtlichen Konsequenzen.

So bereiten Sie sich rechtssicher auf Vorstellungsgespräche vor:

  • Gesprächsleitfaden erstellen: Entwickeln Sie einen strukturierten Ablauf mit zulässigen, stellenbezogenen Fragen.

  • Gesetzliche Grundlagen kennen: Informieren Sie sich über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Mutterschutzgesetz (MuSchG) und datenschutzrechtliche Vorgaben.

  • Fragen kritisch prüfen: Überlegen Sie bei jeder Frage: Ist sie für die Ausübung der Stelle wirklich relevant?

  • Recruiter*innen und Führungskräfte schulen: Sensibilisieren Sie alle am Bewerbungsprozess Beteiligten regelmäßig für rechtliche Fallstricke.

  • Antwortstrategien vorbereiten: Planen Sie im Vorfeld, wie Sie reagieren, falls Bewerber*innen unangemessene Fragen zurückweisen oder kritisch hinterfragen.

  • Notizen professionell führen: Dokumentieren Sie das Gespräch ausschließlich auf Grundlage fachlicher Inhalte – keine privaten Angaben festhalten.

  • Eigene Rolle reflektieren: Denken Sie daran: Im Gespräch repräsentieren Sie das Unternehmen. Authentizität, Respekt und Klarheit schaffen Vertrauen.

Fazit zu unzulässigen Fragen im Vorstellungsgespräch

Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch sind mehr als nur ein unangenehmer Ausrutscher, sie können rechtliche, persönliche und imagebezogene Folgen haben. Für Sie als Arbeitgeber bedeutet das: Sensibilität, rechtliches Grundwissen und eine gute Gesprächsvorbereitung sind unerlässlich.


Ein professionell geführtes Interview zeigt nicht nur Ihre Kompetenz, sondern hinterlässt bei Bewerber*innen auch einen positiven, respektvollen Eindruck – ganz gleich, ob es zu einer Einstellung kommt oder nicht. Wer rechtssicher fragt, vermeidet Risiken und gewinnt Vertrauen.

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Charlene Thomas

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