Bewerbung ohne Anschreiben: Weniger Hürden, mehr Bewerber

Wer heute Talente gewinnen möchte, muss mehr bieten als Benefits und Employer Branding: Auch der Bewerbungsprozess wird zum Erfolgsfaktor. Immer mehr qualifizierte Kandidat*innen springen ab, wenn der Einstieg zu kompliziert ist. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum das klassische Anschreiben an Bedeutung verliert, welche Chancen und Risiken mit einer Bewerbung ohne Anschreiben verbunden sind und wie Sie einen Bewerbungsprozess gestalten, der zu Ihrer Zielgruppe und Ihrem Unternehmen passt.

Übersicht

Einfache Bewerbungsverfahren werden immer beliebter

Gerade in Großkonzernen und Start-ups gilt das klassische Anschreiben zunehmend als optional statt verpflichtend. Auch Bewerber*innen begrüßen diesen Trend, denn das Verfassen eines Anschreibens ist oft mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf schlankere, effizientere Bewerbungsprozesse.

Zahlreiche bekannte Arbeitgeber gehen bereits mit gutem Beispiel voran:

  • Adidas: Verzichtet vollständig auf das Anschreiben. Alternativ kann ein Bewerbungsvideo hochgeladen werden.

  • Aldi Süd: Macht das Anschreiben optional, um Bewerbungen unkomplizierter zu gestalten.

  • Bosch: Setzt auf ein Online-Bewerbungsverfahren, bei dem das Anschreiben ebenfalls freiwillig ist.

  • KPMG: Lässt sowohl das Anschreiben als auch das Bewerbungsfoto zur freien Entscheidung der Bewerber*innen.

Warum Personaler das Anschreiben nicht wichtig finden

In der heutigen Arbeitswelt wird das klassische Anschreiben von immer mehr Personalverantwortlichen als überholt und wenig zielführend betrachtet. Stattdessen rücken Faktoren in den Mittelpunkt, die nicht nur den Bewerbungsprozess vereinfachen, sondern Ihnen als Arbeitgeber auch konkrete Vorteile bringen:

Zeitersparnis

Sie sparen wertvolle Zeit und Ihre Bewerbenden ebenfalls. Ohne Anschreiben können Sie Unterlagen schneller sichten und geeignete Kandidat*innen effizienter identifizieren. So bleibt mehr Raum für das persönliche Gespräch und eine passgenaue Auswahl.

Leichterer Prozess für Bewerbende

Ein schlanker Bewerbungsprozess senkt die Einstiegshürden. Sie profitieren von mehr qualifizierten Bewerbungen, insbesondere von Kandidat*innen, die spontan, mobil oder neben einem anspruchsvollen Alltag nach neuen Möglichkeiten suchen.

Barrierefreiheit fördern

Nicht jede qualifizierte Person bringt die sprachliche Sicherheit oder formale Erfahrung mit, ein überzeugendes Anschreiben zu formulieren. Indem Sie darauf verzichten, ermöglichen Sie mehr Menschen den Zugang zu Ihrer Organisation und fördern aktiv Vielfalt.

Ein Zeichen für Innovation

Mit dem Verzicht auf das Anschreiben zeigen Sie, dass Sie mit der Zeit gehen. Moderne Arbeitgeber setzen auf transparente Kommunikation, agile Prozesse und ein positives Kandidatenerlebnis statt auf veraltete Formalitäten.

Mehr Effizienz im Recruiting

Ein vereinfachter Bewerbungsprozess beschleunigt Ihre Time-to-Hire und entlastet Ihre HR-Teams. Das bedeutet: Weniger Verwaltungsaufwand, schnellere Entscheidungen und mehr Fokus auf die tatsächliche Passung von Qualifikation und Persönlichkeit.

Das spricht gegen eine Bewerbung ohne Anschreiben

Auch wenn viele diesen neuen Trend, eine Bewerbung ohne Anschreiben zu akzeptieren, befürworten, gibt es dennoch einige Gründe, warum das Anschreiben wichtig ist:

#1 Keine Arbeitsprobe

Ein Anschreiben bietet Ihnen einen ersten Eindruck von der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit Ihrer Bewerber*innen. Gerade bei Positionen mit Text-, Kommunikations- oder Dokumentationsaufgaben dient es als aussagekräftige Arbeitsprobe.

#2 Nicht für jede Branche geeignet

In kreativen, kommunikativen oder beratungsintensiven Berufsfeldern ist das Anschreiben oft mehr als nur eine Formalität. Das Anschreiben ist Teil der fachlichen Beurteilung. Auch in konservativeren Branchen wird es teilweise noch als Standard erwartet.

#3 Keine individuelle Darstellung

Ohne Anschreiben fehlt Bewerbenden die Möglichkeit, ihre persönliche Motivation und ihren Bezug zum Unternehmen zu verdeutlichen. Sie erhalten dadurch womöglich ein weniger differenziertes Bild der Persönlichkeit hinter dem Lebenslauf.

#4 Unklarheiten bleiben unbeantwortet

Ein gut formuliertes Anschreiben kann Lücken im Lebenslauf erklären, einen Branchenwechsel einordnen oder auf besondere Qualifikationen eingehen. Fehlt es, bleiben Ihnen diese Hintergrundinformationen möglicherweise verborgen.

Am Ende ist das persönliche Kennenlernen ausschlaggebend

Unabhängig davon, ob mit oder ohne Anschreiben – die finale Entscheidung für oder gegen eine Bewerberin oder einen Bewerber fällt selten allein auf Basis der Unterlagen. Erst im persönlichen Gespräch zeigt sich, ob die Chemie stimmt, die Erwartungen auf beiden Seiten passen und die Kompetenzen auch im direkten Austausch überzeugen.

Setzen Sie daher auf unkomplizierte Bewerbungswege, die möglichst schnell zum Dialog führen. Denn der wahre Mehrwert entsteht nicht auf dem Papier, sondern im persönlichen Kontakt, dort, wo Persönlichkeit, Potenzial und Unternehmenskultur aufeinandertreffen.

Bewerbung ohne Anschreiben: Die Deutsche Bahn zeigt, wie es geht!

Die Deutsche Bahn hat bereits 2018 entschieden, bei Bewerbungen für Ausbildungs- und duale Studienplätze auf das klassische Anschreiben zu verzichten. Stattdessen genügt es, den Lebenslauf und Zeugnisse über die Online-Plattform hochzuladen. Diese Maßnahme zielte darauf ab, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen und die Einstiegshürden für Bewerber zu senken.

Die Ergebnisse dieser Änderung waren positiv: Innerhalb weniger Monate nach Einführung stieg die Zahl der Bewerbungen für Ausbildungs- und Studienplätze um rund 10 %. Personalverantwortliche der Deutschen Bahn führten diesen Anstieg auf die vereinfachte Bewerbung ohne Anschreiben zurück.

Darüber hinaus bietet der Arbeitgeber Bewerbern die Möglichkeit, ihre Motivation in einem Freitextfeld im Online-Bewerbungsformular zu hinterlegen. Dies ersetzt das traditionelle Anschreiben und ermöglicht es den Bewerbern, ihre Beweggründe kurz und prägnant darzulegen.

Mit diesen Maßnahmen reagiert die Deutsche Bahn auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel, indem sie den Bewerbungsprozess modernisiert und attraktiver für potenzielle Bewerber gestaltet.

Fazit zur Bewerbung ohne Anschreiben

Indem Sie überholte Formalitäten hinterfragen und moderne Alternativen zulassen, stärken Sie nicht nur Ihre Position im Wettbewerb um Talente, Sie senden auch ein klares Signal für Offenheit, Fortschritt und Wertschätzung.

Nutzen Sie die Erkenntnisse dieses Beitrags, um Ihre Recruiting-Prozesse gezielt weiterzuentwickeln. Ihre Bewerber*innen werden es Ihnen danken und Sie sich über mehr passende, motivierte Kandidatinnen freuen.

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Charlene Thomas

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